Rezension zu »Briefe an die Zeit« von Johanna Schließer

by - Juli 24, 2022

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144 Seiten 
erschienen bei BoD 
 
Schon lange habe ich keine Gedichte mehr gelesen, obwohl ich die kurzen, meist stimmungsvollen Texte sehr mag. Da kam das kleine Büchlein »Briefe an die Zeit«, das Gedichte über allgegenwärtige Themen wie Liebe, Sehnsucht, Mut und Lebenserfahrung enthält, wie gerufen. 

»Das Leben hängt an einem Faden, 
einem dünnen und recht geraden.
Doch ist da mal der Knoten drin,
fragt gleich jeder nach dem Sinn.«
- Johanna Schließer

Den Titel sowie das Cover finde ich leider nicht zu hundert Prozent treffend zum Inhalt. Die Zeit ist meiner Meinung nach kein Thema, das sich durch den gesamten Gedichtband hindurchzieht, sondern spielt in den Gedichten nur teilweise eine Rolle und ist vor allem im abschließenden Prosatext »Streitgespräch mit der Zeit« - der mir übrigens sehr gut gefallen hat - präsent. Außerdem ist das Cover in einem altmodischen Stil gehalten, der eine andere Atmosphäre kreiert als die eher modernen Gedichte.

Den Schreibstil der Autorin finde ich sehr angenehm. Dadurch, dass alle Gedichte Reimverse aufweisen, klingen die Texte sehr melodisch und sind darüber hinaus aufgrund ihrer Kürze flott zu lesen. Die abwechslungsreiche Strophengestaltung wirkt zudem einer Monotonie, wie ich sie manchmal bei der Lektüre von Gedichtbänden verspüre, entgegen.
 
Einige Gedichte haben mich sehr berührt und ich habe an der ein oder anderen Stelle auch eigene Gedanken in Johanna Schließers Lyrik wiederfinden können. Andere Texte hingegen kratzen sehr an der Oberfläche und greifen Floskeln auf, die wenig inspirierend oder tiefgreifend sind.

Insgesamt fällt mein Fazit zu »Briefe an die Zeit« durchwachsen aus: Mir gefallen die darin verhandelten Themen und der leichte Schreibstil. Stellenweise könnte man den lyrischen Texten für meinen Geschmack aber noch mehr Tiefe verleihen und sie weiter ausarbeiten. Ich vergebe daher 3 von 5 Herzen, spreche nichtsdestotrotz aber auf jeden Fall eine Leseempfehlung für Leute, die gerne kurzweilige Gedichte zu vertrauten Themen lesen.

Ein herzliches Dankeschön an die Autorin, die mir ihr Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat und weiterhin viel Freude und Erfolg beim Schreiben! 😊

Schließen möchte ich mit einem Gedicht, das mir sehr nahe geht:

Träume
.
Unsere größten Träume
verstekcen wir in den tiefsten Schubladen, 
schaffen dem Alltag die Räume,
wollen allem anderen nicht schaden.
Dort leigen sie über die Jahre, 
nicht selten völlig vergessen.
Und neigt sich das Leben dem Ende,
ist's so,
als habe man sie niemals besessen.
.
- Johanna Schließer

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